Mittwoch, 24. Juni 2009

Infos vom Widerstand aus Gaza

GAZAINFO1Beim jüngsten Interview mit Gaza haben wir uns nach dem innerpalästinensischen Konflikt erkundigt. Außerdem wollten wir wissen, was die Menschen in Palästina von der jüngsten Nahost-Initiative der USA halten.

Der innerpalästinensische Konflikt oder die so genannte Streiterei zwischen den palästinensischen Gruppierungen existiert nicht erst seit heute oder seit gestern. Es gibt eine lange Vorgeschichte innerhalb der PLO und entstand nicht mit der Gründung der Hamas. Vorher gab es auch immer wieder Widersprüche innerhalb der PLO und innerhalb der palästinensischen Organisationen, die unter dem Dach der PLO zusammenarbeiteten. Dafür gab es vor allem politische Gründe. Immer wieder gab es Widersprüche zwischen PFLP und der DFLP gegenüber der Al Fatah-Organisation. In der Regel handelte es sich um verbale Konflikte und das Problem wurde dann am Verhandlungstisch gelöst. Manchmal gab es Gewalt, d.h. manchmal wurden Waffen eingesetzt, um diese Widersprüche zu lösen. Und am Ende kamen sie trotzdem nochmals an einem Tisch zusammen und das Problem wurde gelöst.
Damals gab es immer wieder Konflikte um die politische Orientierung der PLO, die von Al Fatah beherrscht wurde. D.h. PFLP, DFLP oder das PFLP-Generalkommando (PFLP-GC) - also Gruppierungen, die andere Verbündete haben - standen immer wieder im Gegensatz zur Al Fatah-Politik und es ist zu Streitereien oder Problemen gekommen. Manchmal gab es auch finanzielle Probleme: wie die Finanzressourcen, die von palästinensischen Spendern oder Regierungen gespendet worden waren, auf die Organisationen aufgeteilt werden sollte, da gab es immer wieder Probleme, wieviel Prozent jeder kriegt, was ist mein heutiger Anteil. Deshalb hat es auch manchmal Konflikte gegeben.
Die größten Widersprüche gab es wegen der Ausrufung eines unabhängigen palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967. Manche Organisationen innerhalb der PLO hatten Widersprüche, manche haben das abgelehnt, manche haben sich der Stimme enthalten, manche haben das akzeptiert. Und bis zum heutigen Tag spiegelt sich dieses Problem innerhalb der Fraktionsbildungen, die nach der Gründung der palästinensischen Behörde in Gazastreifen und Westbank stattgefunden haben. Manche waren nicht einverstanden mit dem Osloer oder Madrider Abkommen, bzw. lehnten das ab. Manche Organisationen wie die ehemalige Kommunistische Partei, die heutige Volkspartei, oder die DFLP, waren einverstanden mit Oslo, die PFLP hat das abgelehnt, das PFLP-GC hat das abgelehnt, auch andere Gruppierungen haben das abgelehnt. Heute ist klar: Was den Palästinensern seit dem Madrider Abkommen versprochen wurde, nämlich innerhalb von 5 Jahren einen unabhängigen palästinensischen Staat in Gazastreifen und Westbank mit der Hauptstadt Ostjerusalem zu gründen, war nur eine Illusion.
Der Gazastreifen wurde vom Boden, aus der Luft und von der See total isoliert und kontrolliert. Das gleiche gilt für die Westbank. Es gibt mehr als 650 Checkpoints innerhalb und außerhalb der Städte, zwischen den Dörfern, zwischen den Städten und den Flüchtlingslagern. Auch ist zu beobachten, wie die Verhaftungen der israelischen Armee in der Westbank zunehmen. Desgleichen ist zu bemerken, dass der palästinensische Staat in die Ferne rückt, dass er nur eine Illusion ist, dass die USA-Politik oder die EU-Politik eine Augenauswischerei ist. Die Kommentare europäischer Politiker können als Public Relations abgestempelt werden.
Die anderen Organisationen, die nicht in der PLO sind, waren, so wie Hamas oder Dshihad al-Islami oder das Volkskomitee, von Anfang an gegen das Osloer Abkommen. Sie lehnen den politischen Kurs der Behörde in Ramallah und das Osloer und Madrider-Abkommen ab. Nachdem die Camp-David-Verhandlungen zwischen dem mittlerweile verstorbenen Präsidenten Arafat und Yahud Barak in Washington gescheitert sind, ist die Al Aksa Intifada ausgebrochen. Seither sind die Organisationen, die Oslo abgelehnt haben, stärker und stärker geworden, aufgrund des Umstandes, dass diese jahrelangen Verhandlungen nichts gebracht haben, außer tausenden Gefangenen, Landraub, mehr Checkpoints und wirtschaftlicher Misere.
Seit den Wahlen 2006, als die Hamas die Parlamentswahlen gewonnen hat, hat sich die Situation verschärft. Weil die Hamas diese Verhandlungen ablehnte und überzeugt war, dass ein freies Palästina nur durch Widerstand und den bewaffneten Kampf erreicht werden kann.
Nach der Streiterei und dem militärischen Angriff von Hamas gegen die Autonomiebehörde in Gazastreifen, wodurch der Gazastreifen unter Hamas-Herrschaft gebracht wurde, hat sich die Situation verschärft. Die Behörde in Ramallah hat mit allen Mitteln versucht, diese neue Situation, die Herrschaft der Hamas, zu sabotieren und das Volk auf die Strasse zu bringen, um eine neue Intifada gegen die Hamas zu schüren. Aber die Hamas war schlau genug den ganzen Gazastreifen unter ihre Kontrolle zu bringen und die Sicherheitsapparate von Al Fatah, also von der palästinensischen Behörde, auszuschalten. Aber das hat nicht viel gebracht, besonders da das Komplott gegen die Hamas weitergeführt wurde: durch die israelische Blockade, durch den diplomatischen, politischen und finanziellen Boykott gegen die Hamas und die Regierung im Gazastreifen. Trotzdem konnte die Hamas und die Widerstandsorganisationen, die den Gazastreifen beherrschen, nicht in die Knie gezwungen werden. Deshalb hat Israel versucht, grünes Licht von den USA und der EU und den arabischen Regimes wie Ägypten, Saudi-Arabien und der palästinensischen Behörde in Ramallah für die Aggression Ende 2008, Anfang 2009 gegen den Gazastreifen zu erhalten. Mit dem Ziel die Herrschaft der Hamas zu beseitigen, und die Behörde in Ramallah mit Druck an die Macht zu bringen und eine chaotische Situation zugunsten der israelischen Besatzung zu schaffen.
Diese Versuche sind gescheitert. Trotzdem: die Widersprüche zwischen der Behörde in Ramallah und der Regierung der Hamas, die den Gazastreifen beherrscht, sind in letzter Zeit stärker geworden. Besonders nachdem festgestellt wurde, dass die Behörde in Ramallah ein Teil des Krieges gegen den Gazastreifen war. Die Hamas hat mit ihrer Standhaftigkeit im Krieg die Bevölkerung im Gazastreifen führen und die Israelis besiegen können. Aber trotzdem ist nach dem Krieg der Druck auf die Hamas stärker geworden, besonders da tausende Häuser in Schutt und Asche liegen, die Infrastruktur des Landes zerstört und bombardiert wurde und dadurch die Arbeitslosigkeit gestiegen ist. Trotzdem wurde die Blockade weiter verschärft: bis zum heutigen Tag dürfen keine Materialien zum Wiederaufbau über die ägyptischen oder israelischen Grenzen hineinkommen. Es gibt kein Zement, kein Eisen, kein Glas und keine Medikamente. Mit allen Mitteln versuchen sie, Druck auf die Hamas auszuüben und den Wiederaufbau im Gazastreifen zu verhindern/blockieren.

Die Leute im Gazastreifen wissen genau, dass die Aufhebung der Blockade und der Wiederaufbau im Gazastreifen eine politische Lösung erfordert. D.h. die Hamas und Fatah müssen ihre Widersprüche auf den Tisch legen und einen Kompromiss suchen, um die Bevölkerung von dieser jahrelangen Misere zu befreien. Es gibt die Hoffnung, dass der Dialog zwischen Fatah, der Hamas und allen anderen Organisationen (der in Kairo stattfinden soll), in den nächsten Tagen, d.h. Anfang Juli, erfolgreich ist. Damit die Palästinenser endlich mit einer Stimme sprechen. Um einen klaren Standpunkt vor der Welt zu zeigen: wir sind uns einig, es gibt nur eine Regierung, mit einem Programm. Es ist kein leichter Weg, denn der Kurs von Al Fatah mit ihren Verhandlungen ist anders als der Weg der Widerstandsorganisationen, die an den Widerstand glauben und daran, dass die Befreiung Palästinas nur durch bewaffneten Kampf zu erreichen ist.

Frage: Haniyeh hat gesagt, die Hamas wäre jetzt einverstanden mit einer Zweistaatenlösung, also mit den Grenzen von 1967. Trifft das zu?
Das ist ganz anders. Die Hamas ist damit einverstanden, einen palästinensischen Staat im Gazastreifen und der Westbank und in Ostjerusalem in den Grenzen vom 4. Juni 1967 zu gründen – aber ohne die Anerkennung Israels. Punkt. Das ist die Antwort auf diese Frage. D. h. das ist für die nur eine provisorische Lösung, weil sie, wie auch andere, glauben, dass Israel nicht in Frieden leben kann, weil Israel als imperialistisches Projekt im Herzen Arabiens nur durch Aggressionen und Expansionen überleben kann. Auf Dauer verliert Israel all diese Stärke, die es früher gehabt hat. D.h. Israel hat in den letzten 3 Jahren seit 2006, zwei Kriege hintereinander, gegen Hizbollah 2006 und gegen Gaza 2008/2009, geführt und verloren.Das ist das Eine.
Zweitens: Israel konnte nicht Krieg außerhalb ihrer Grenzen führen ohne dass die innere Front der Israelis unter Beschuss geraten ist. Sie konnten das nicht verhindern, während Israel früher seine Kriege gegen andere Länder wie Syrien, Ägypten, Libanon und Jordanien geführt hat und die Israelis haben über ihren Sieg nur durch Radio und Fernsehen, also über die Medien erfahren. Ohne zu spüren, dass ihr Land einen Krieg geführt hat.
Die Situation heutzutage ist ganz anders. Heute ist Israel in einer schlimmen Situation. Die Moral der israelischen Armeeinstitutionen liegt am Boden, die israelischen Politiker sind korrupt, und es gibt keine wirkliche politische Führung.
Drittens: Israel ist heute durch die internationale Wirtschaftskrise in eine miserable wirtschaftliche, finanzielle und soziale Krise geraten. Die USA und die EU können Israel nicht mehr wie bisher auf die gleiche Art und Weise finanzieren und nicht mehr die gleiche diplomatische oder politische Unterstützung geben. Im Krieg gegen Gaza haben die Israelis, durch den Einsatz verbotener Waffen gegen die Zivilbevölkerung, ihr Gesicht verloren.
Sie haben innerhalb 23 Tagen keinen cm² besetzen können. Und mehr als eine Million Israelis mussten die Zeit bis der Krieg beendet werden konnte, in Bunkern verbringen. An diese Situation sind die Israelis nicht gewöhnt. Sie sind hierher gekommen, um in Wohlstand zu leben, um wirtschaftlichen Luxus zu haben und nicht, um im Bunkern zu leben. Ihr Traum hat sich am Ende als Illusion herausgestellt.
Der vierte Punkt: Israel als regionale Macht (und ihr Militärapparat) verliert langsam an Einfluss. Weil heute andere regionale und internationale Mächte auf der Welt entstanden sind, so wie China, Indien, Russland. Und was die größte und einzige Supermacht, die USA angeht: ihr Stern ist im Sinken. Durch ihre Kriege im Irak und in Afghanistan befindet sich die amerikanische Armee in einer miserablen Situation, und alle Versuche, dass sich die Soldaten aus dem Sumpf dieser beiden Länder ohne Gesichtsverlust zurückziehen können, sind gescheitert. Deswegen ist die Niederlage der Amerikaner im Irak und in Afghanistan eine beschlossene Sache. Das ist ein Sieg für den Widerstand dieser beiden Länder. Auch Israel wird auf Dauer kein anderes Schicksal als das der Amerikaner in Afghanistan erwarten. Deshalb versucht Hamas mit dieser provisorischen oder taktischen Lösung eines Staates in den Grenzen von 1967 einen Nagel in den Sarg des zionistischen Gebildes zu schlagen.

Was die Nahost-Initiative von Obama angeht:
Der US-Präsident Obama hat versucht, in seiner Rede in Kairo vor der arabischen und islamischen Welt für eine neue amerikanische Politik Propaganda zu machen. Seinen Schwerpunkt legte er auf die Palästinafrage im Herzen der arabischen und islamischen Welt - als er sagte, wir versuchen, einen unabhängigen, palästinensischen Staat zu gründen. Er hat nicht gesagt, wie dieser Staat geschaffen werden kann, ohne Druck auf Israel auszuüben und der Besatzungsmacht klar zu machen, dass sie abziehen muss. Dass sie ihre Siedlungspolitik stoppen, die Siedlungen zerstören und die Siedler und Kolonialisten von Westbank zu ihren Kernstädten wie Tel Aviv oder Haifa oder Herzlia abziehen müssen.
Deshalb war die Rede von Obama nur Public Relations für die amerikanische Politik im Nahen Osten. Nur Versprechungen und leere Worte. Im Gegenteil hat ein paar Tage später der Premierminister von Israel, Benjamin Netanyahu, eine Rede in Herzlia gehalten, wo er die Standpunkte der israelischen Regierung darstellte:
1. Er erklärte sich einverstanden mit einem palästinensischen Staat, aber er muss unbewaffnet sein.
2. Das vereinte Jerusalem ist und bleibt die ewige Hauptstadt Israels.
3. Kein Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat und ihre Dörfer, wie das in der UNO-Sicherheitsresolution 191 verlangt wird.
4. Es soll keinen souveränen palästinensischen Staat geben, d.h. die Sicherheit oder die Überwachung verbleibt in den Händen der israelischen Armee.
5. Es soll nur ein provisorischer palästinensischer Staat sein, d.h. ohne endgültige Grenze.
6. Kein Stopp der Siedlungspolitik in der Westbank, d.h. der Landraub wird weiter geführt, neue Siedler oder Kolonialisten werden in die Westbank gebracht, um dort neue Orte und Städte zu besiedeln und zu kolonialisieren.

Wenn man den Inhalt der beiden Reden von Obama und Netanyahu vergleicht, dann fällt auf, dass es einen großen Unterschied zwischen der USA- Außenpolitik und der israelischen Außenpolitik in diesem Schwerpunkt der Palästinafrage gibt. Und deshalb wird in den nächsten Monaten zu beobachten sein, ob und wie die USA oder die EU ihre Politik gegenüber Israel ändern können oder werden oder nicht, und das fängt an mit der Aufhebung der Blockade, dem Wiederaufbau und der Freilassung der Gefangenen. Wenn in diesen Punkten in den nächsten Wochen keine Veränderung stattfinden, dann wird der „Nahe Osten“ in eine Situation gebracht, wo vielleicht neue Konflikte entstehen könnten, militärische Konflikte, meine ich.

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